Das Rätsel Fortounis
Manchmal frage ich mich, ob ich ihm das Prädikat Trainingsweltmeister oder Phlegma geben sollte. Dann verzückt er mich wieder und spielt wie aufgedreht. Doch was ist wirklich mit Konstantinos Fortounis los und was hat das mit Malzbier und Super Mario zu tun? Ich habe da so eine Vermutung.
Ein hoffnungsvolles FCK-Talent
Kaiserslautern. Wer sprintet so schnell durch Gegenspieler und Wind? Wer huscht so schnell nach rechts und links? Es ist der Konstantinos, das himmlische Kind. Er dribbelt sicher, er dribbelt sich warm, doch wird er sehr oft, auch ganz schnell lahm.
Konstantinos Fortounis ist ein Talent. Meiner Meinung nach ein sehr großes. Der Grieche ist schnell, trickreich und hat einen guten Schuss. Was ihn fast noch stärker macht, ist das Auge für den Mitspieler. Bestes Beispiel war die Vorbereitung des 3:1 gegen den FC St. Pauli. Fortounis schickte zwei Paulianer auf die Reeperbahn und flankte den Ball in die Mitte. Dort bugsierte zwar ein Gegenspieler den Ball ins Tor, aber es standen auch zwei FCK-Spieler einschussbereit im Fünfmeterraum. Was dann mit unserem Flügelflitzer passierte, bleibt sein Geheimnis. Wie so oft bei Fortounis. Der Grieche ließ nach und tauchte unter. Zwar nicht völlig, aber es schien, als habe er mit diesen Aktionen seine Schuldigkeit getan. Woran liegt es, dass dieses Talent sein Können nur sporadisch abruft?
Falsche Ernährung?
Es könnte an der falschen Ernährung liegen. Vermutlich ist unser Grieche dem Malzbier verfallen. Kurz vor seinen Einsätzen schnabuliert Fortounis noch hurtig 0,5 Liter dieses dunklen Gebräus. Wischt sich den Schaum aus dem Bärtchen, macht ein griechisches Bäuerchen und streift sich sein Trikot über. Meistens auch sein eigenes und nicht wie vor seiner Einwechslung gegen St. Pauli, das mit der Nummer 25 (Oliver Occean). Aber das kann schon mal passieren, wenn der Effekt des Malzbieres einsetzt. Ist der 21-Jährige dann im Spiel, geht die Post ab. Auf seinen imaginären Kopfhörern läuft die Musik, die ertönt, wenn man beim Videospiel Super Mario einen Stern fängt und für kurze Zeit unbesiegbar ist. Es könnten aber auch die kleinen Traubenzucker-Stückchen sein, die unser Grieche seit Jahren nach jedem Apothekengang hortet und nun vor den Spielen einwirft. Die Wirkung wäre fast identisch: Fortounis ist sozusagen on Fire und rennt wie die Hölle. Er wird immer schneller und lässt Gegen- sowie Mitspieler stehen. Teilweise ist er auch zu schnell für den Ball. Dreht dann ab, lässt den Kopf kurz hängen, gibt gleich wieder Gas und dribbelt den nächsten Gegenspieler aus. Wenn er nach dieser Phase der Unbesiegbarkeit zwei Tore vorbereitet und eines selbst geschossen hat, war alles gut. Wenn nicht, war es brotlose Kunst.
Wehe, wenn die Wirkung nachlässt
Noch tiefer hängen der Kopf und die Zunge, wenn die Wirkung des Zuckers bei Fortounis nachlässt. Dann wechselt die Musik von Super Mario zum Schlaflied von Winnie Puuh. Ist dieser Zustand erreicht, bringt er leider nicht mal mehr brotlose Kunst. Unter anderem deshalb ist sein Marktwert rapide von 2,5 auf eine Million Euro abgesackt. Zu schwankend waren seine Leistungen. Wie diese Marktwerte zustande kommen, darüber lässt sich bekanntlich streiten. Aber ich würde Fortounis keine ganze Kolumne widmen, wenn er nicht zu meinen Lieblingsspielern zählen würde. Fortounis ist einer, der den Unterschied machen kann. Er kann, was keiner kann. Was musste ich mir schon in der Kurve oder zu Hause anhören. „Stark, endlich bringt er Fortounis“, frohlockte ich oft. „Was willschen mit dem?!“, „Fallobst“, „Der is schnell. Jo, schnell mied!“, schallte es mir um die Ohren. Und ich wollte mir bis dato nicht eingestehen, dass die Kritiker Recht haben. Ich glaube an dich, Konstantinos!
Parallelen zu einem Ex-FCK-Profi
Die gleichen Rohrspatzen, die ihn verteufeln, haben ihm natürlich gegen Pauli zugejubelt. An dieser Stelle muss ich allerdings wieder die Peitsche auspacken und das Zuckerbrot weglassen. Die ersten 15 Minuten spielte Fortounis hervorragend, aber was war dann? Die Malzbier-Theorie haben wir schon abgehandelt. Vielleicht steckt noch etwas Bedeutungsvolleres dahinter. Etwas Polnisches. Vielleicht handelt es sich um das heimtückische Kamil-Kososwki-Syndrom? Bei diesem Gedanken läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter. Kosowski? Unser ehemaliger Mittelfeldspieler, der inzwischen wie ein hungernder Gérard Depardieu aussieht? Immerhin hat der Pole Geschichte geschrieben und sein einziges Tor für den 1. FC Kaiserslautern 2004 im ersten Bundesliga-Derby gegen den FSV Mainz 05 geschossen. Damals verschoss er wohl auch sein gesamtes Pulver.
Wo wir wieder bei Fortounis wären. Ich sehe da leider einige Parallelen. Mal gut, mal schlecht – es fehlt die Konstanz. Was bei diesem Namen eine fiese Ironie des Schicksals ist. Vielleicht hat sich Fortounis vor seiner Verpflichtung genau dieses Tor von Kamil Kosowski auf Video angesehen und staunte. „Το θέλω πάρα πολύ!“, rief er wohl und unterschrieb sofort. Frei nach Übersetzungsprofi Dr. Google bedeuten diese griechischen Zeichen „Das will ich auch!“. Wir wollen das auch, Konstantinos – aber dauerhaft!
Wie gut, dass Glücksfall Coach Kosta nun da ist. Ich habe bereits erwähnt, dass ich ihm einiges zutraue. Es wäre fabelhaft, wenn Kosta Runjaic das Juwel schleifen könnte. Dann sehe ich Konstantinos Fortounis in der Kabine sitzen, mit einem Malzbier in der Hand, wie er gerade die Sternenmelodie von Super Mario summt und vor sich hinträumt. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: er tut es nach dem Spiel.
Ein Gedanke zu „FCK-Rätsel Fortounis“