Er besitzt in drei Ländern Kultstatus, hat Verträge noch im heimischen Wohnzimmer verhandelt und seit 2004 jede Menge Namensvetter in Albanien. Die Rede ist von Hans-Peter Briegel, einem FCK-Idol, das am 11. Oktober 2015 seinen 60. Geburtstag feiert.
240 Spiele absolvierte der gebürtige Rodenbacher für den 1. FC Kaiserslautern und schoss dabei 47 Tore – wohlgemerkt als Abwehrspieler. Dabei war die große Karriere gar nicht abzusehen. Briegel eiferte bis zu seinem 17. Lebensjahr der Leichtathletik nach, war Jugendmeister im Weit- und Dreisprung.
Von der Leichtathletik zum Fußball – „Der do kann niemols Fußball spiele!“
Eher zufällig kam der 1,88 Meter große Teenager zum Fußball, einer Sportart die im Hause Briegel so beliebt war wie Zahnweh. Viel zu hart werde dort gespielt, sagte die Mutter, die Angst um die Knochen ihres Filius hatte. Dass Briegel später immer ohne Schienbeinschoner spielte, dürfte seine Eltern nicht gerade beruhigt haben. Der Jungspund kickte natürlich trotzdem und als er das erste Mal auf dem Betze Profi-Luft schnupperte, waren sich Fans und Verantwortliche schnell einig: „Der do kann niemols Fußball spiele!“
72 Länderspiele absolvierte der Pfälzer. Foto: Sconosciuto/Wikipedia.itHans-Peter sollte sie eines Besseren belehren und nutzte seinen athletischen Körper optimal. Vor allem bei Kontern walzte er sich regelmäßig nach vorne und verdiente sich seinen Spitznamen. Völlig zu Recht, was beim Blick auf eine „echte“ Walze deutlich wird: „Grundsätzlich muss bei Walzen zwischen einer dynamischen (Verdichtung durch Bewegung) und einer statischen (Verdichtung durch Gewicht) Wirkungsweise bei der Verdichtung unterschieden werden.“ Briegel verdichtete seine Gegenspieler reihenweise mit dynamischen Sprints und Dribblings. Falls ein Gegenspieler ihm doch zu nahe kam, genügte Briegels Präsenz und der Gegner versank im Rasen. Modell-Athlet Briegel hätte Cristiano Ronaldo in den Schatten gestellt – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Vertragsverhandlung im Wohnzimmer – Kultstatus in Italien
Fast wäre das FCK-Kapitel für den Pfälzer frühzeitig beendet gewesen. Als der Verteidiger Mitte 20 war, wollte der 1. FC Kaiserslautern den Vertrag verlängern. Im Wohnzimmer saß Familie Briegel mit den FCK-Verantwortlichen zusammen und disputierte das Kleingedruckte. Briegel lehnte das erste Angebot ab. Der FCK solle noch mal nachbessern, walzte der Profi vor den Augen seiner Eltern und des kleinen Bruders. Die FCK-Delegation verschwand zur Beratung in den Garten. Wenig später kehrte man zurück und der Vertrag wurde verlängert.
Hans-Peter Briegel im Dress von Hellas Verona 1984. Foto: Sconosciuto/Wikipedia.itBriegel startete durch, kickte bis 1984 für den FCK und wechselte 1985 nach Italien. Von 1984 bis 1986 lief er für Hellas Verona auf, wurde 1985 italienischer Meister und wechselte 1986 zu Sampdoria Genua, wo er 1988 seine Karriere beendete. Vor allem die Meisterschaft mit Hellas Verona war eine Sensation. Briegel wurde dort zum Mittelfeldspieler, schoss mehr Tore als Karl-Heinz Rummenigge und wurde in Italien nur noch der „Deutsche Panzer“ genannt.
Briegels Alptraum Burruchaga
Logisch, dass Briegels Qualitäten auch im Deutschlandtrikot gefragt waren. Nach 72 Länderspielen (vier Tore) und dem Europameistertitel 1980 bleibt unter anderem das WM-Finale 1986 schmerzhaft in Erinnerung. Der 3:2-Siegtreffer sorgt heute noch für böse Träume bei der „Walz aus de Palz“. „Manchmal denke ich: Vielleicht hol‘ ich den Burruchaga irgendwann noch ein.“ Wenn selbst die „Walz aus de Palz“ den Argentinier nicht stoppen konnte, war das Tor einfach nicht zu verhindern. Kein Grund zur Sorge, Hans-Peter.
#CumpleSports Jorge Burruchaga. CRACK! Autor de un gol inolvidable para todos y multicampeón con Independiente. pic.twitter.com/ViXtID3B3T
— VarskySports (@VarskySports) 9. Oktober 2015
Ausnahmezustand in Albanien – Siege gegen Russland und Griechenland werden gefeiert
Nach dem Briegel in der Pfalz und in Italien unsterblich wurde, setzte er als Trainer noch einen drauf. Er wurde Trainer beim FC Glarus, dem SV Edenkoben, der SG Wattenscheid 09, Beşiktaş Istanbul und Trabzonspor und 2002 Nationaltrainer von Albanien, was wiederum kuriose Auswirkungen auf die Neugeborenen des Landes hatte. Die Mannschaft gewann das erste Spiel unter Briegels Regie am 30. März 2003 nach zwei sieglosen Jahren mit 3:1 gegen Russland. Wieder erlangte die pfälzische Walze in Windeseile Kultstatus. Briegel entfachte eine kaum vorstellbare Euphorie und besiegte am 4. September 2004 gleich noch den Erzfeind Griechenland (damals von Otto Rehagel trainiert) 2:1. „Wir haben bis in die Morgenstunden gefeiert – das war unglaublich“, erinnert sich Karl Briegel, der drei Jahre jüngere Bruder der Walz. Große Erfolge gab es in Albanien nicht, aber die Leute liebten ihn trotzdem. So sehr, dass Väter ihre Söhne nach Briegel benannten. Ob sie nun Hans-Peter oder Walz heißen, ist leider nicht überliefert. Zudem wurde er vom albanischen Fußballverband als unkündbar erklärt. Gut möglich, dass in albanischen Esszimmern Büsten des Idols stehen, denen man vor der Hauptspeise dankend zuprostet. Unkündbar ist auch sein Status bei den FCK-Fans, bei denen er nach wie vor großes Ansehen genießt. Heute feiert Hans-Peter Briegel mit Familie im pfälzischen Hayna bei Herxheim seinen 60. Geburtstag, denn eines ist der „Walz aus de Palz“ bis heute geblieben: Seine Liebe zur Heimat und zum FCK.
Alles Gute, Hans-Peter!
PS: Wir hätten natürlich auch ein passendes Geschenk: